Fachkräftemangel in Deutschland – Zahlen, Branchen, Ursachen und Maßnahmen
Aber auch das Gesundheits- und Erziehungswesen stecken wegen fehlenden Nachwuchses in der Krise. Welche Ursachen der Fachkräftemangel hat, wie sich die Arbeitsmarktzahlen in Deutschland entwickeln und welche Gegenmaßnahmen Unternehmen ergreifen können, erfahren Sie in diesem Text.
Was ist Fachkräftemangel?
Als Fachkräftemangel bezeichnet man den Mangel einer bedeutenden Anzahl von Arbeits- und Fachkräften mit bestimmten Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt. Dabei handelt es sich schon seit einigen Jahren nicht mehr nur um ein temporäres Phänomen in bestimmten Branchen, sondern um ein langfristiges und wachsendes Ungleichgewicht zwischen freien Arbeitsplätzen und passenden Bewerber:innen.
Fachkräftemangel in Deutschland: Aktuelle Zahlen, Ursachen und Folgen
Eine Prognose des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung geht davon aus, dass ohne Migration bis 2035 die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland um 15 Prozent schrumpft. Diesen Trend kann auch eine Steigerung der Erwerbsquote bei Frauen und Älteren und eine Zuwanderung zum Arbeitsmarkt vermutlich nicht vollumfänglich aufhalten.
Ursachen des Fachkräftemangels in Deutschland
Eine der Hauptursachen für den Fachkräftemangel in Deutschland ist der demografische Wandel: Durch die Alterung der Bevölkerung sinkt die Anzahl an Erwerbspersonen kontinuierlich und nähert sich mit der Verrentung der sogenannten Babyboomer-Generation – der zwischen 1955 bis 1969 Geborenen – ihrem Höhepunkt. Durch die seit Jahrzehnten zu niedrige Geburtenrate nimmt der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter im Vergleich zum Rest der Bevölkerung ab. Das heißt: Es gehen über Jahre mehr Menschen in Rente als Neueinsteiger:innen ins Berufsleben eintreten.
Die durch die verrenteten Babyboomer freiwerdenden Arbeitsstellen können mangels Arbeitskräfte nicht nachbesetzt werden. Es gibt Firmen, die dadurch in nur fünf Jahren ein Drittel ihrer Belegschaft verlieren, manche sogar deutlich mehr. Gleichzeitig werden aber in vielen Bereichen mehr Fachkräfte als bislang benötigt, etwa um die digitale Transformation und die Energiewende voranzubringen. Diese beiden Entwicklungen – steigender Fachkräftebedarf bei sinkender Erwerbsbevölkerung – führen zu einem Ungleichgewicht, das derzeit immer mehr Arbeitsstellen unbesetzt lässt.
Folgen des Fachkräftemangels in Deutschland
Der Fachkräftemangel wirkt sich nicht nur negativ auf die unmittelbar betroffenen Unternehmen aus, sondern auch auf die Volkswirtschaft als Ganzes. Laut dem DIHK-Fachkräftereport 2021 befürchten 85 Prozent der Betriebe negative Effekte infolge von Fachkräfteengpässen. Insbesondere im Baugewerbe und der Industrie rechnen fast alle Betriebe mit Auswirkungen infolge fehlenden Personals.
Zu den am häufigsten erwarteten Folgen zählt die Mehrbelastung der vorhandenen Belegschaft. Damit reagieren viele Betriebe kurzfristig auf Personalengpässe, um Aufträge abzuarbeiten, Lieferfristen einzuhalten und Geschäftszeiten und Dienstleistungsangebote aufrecht erhalten zu können. Kleinere und mittelständische Unternehmen sind allerdings öfter dazu gezwungen, ihr Angebot zu reduzieren und Aufträge abzulehnen, weil nicht ausreichend Personal verfügbar ist. Die Unternehmen riskieren dadurch, Kunden zu verlieren, und befürchten den Verlust von Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit.
Fachkräftemangel in den am stärksten betroffenen Branchen
Nicht alle Branchen sind gleichermaßen von dem zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangel betroffen. Die meisten Fachkräfte fehlen derzeit in folgenden Branchen:
- IT // Die Digitalisierung von Prozessen, die Verstärkung der Cyberabwehr – all das braucht IT-Expert:innen. Fehlen sie, wirkt sich der Fachkräftemangel auf den gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland negativ aus.
- Handwerk // Personalengpässe im Handwerk verzögern oder gefährden Bauvorhaben – nicht zuletzt auch mit Blick auf klimaschutzrelevante Projekte. Besonders betroffen sind Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnikfirmen.
- Gastronomie // Hotels und Gaststätten sind vielerorts schon dazu gezwungen, Öffnungszeiten zu verkürzen und zusätzliche Ruhetage einzuführen. Das birgt die Gefahr, dass deren Angebote aus Kundensicht, aber auch ganze Regionen an Attraktivität verlieren.
- Pflege und Medizin // Die Personalknappheit in der Alten-, Gesundheits- und Krankpflege ist besonders brisant, weil sie die Gesundheitsversorgung gefährdet.
- Erziehungswesen // Aktuell fehlen deutschlandweit mehrere Zehntausende Erzieher:innen. Die negative Folge ist nicht nur eine sinkende Betreuungsqualität. Vielerorts finden Familien schlicht keine Betreuungsplätze für ihren Nachwuchs, was sich wiederum negativ auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen auswirkt, die in den meisten Fällen die Kinderbetreuung übernehmen.
Beispiele · Wie Employer Branding gegen den Fachkräftemangel wirkt
gicom AG
Die gicom AG ist ein IT-Dienstleistungsunternehmen, das sein Employer-Branding-Projekt schon unter großem Leidensdruck angesichts des Fachkräftemangels in der Branche begonnen hat. Um überhaupt passende Bewerber:innen – das sind in diesem Fall IT-Fachkräfte mit der Spezialisierung auf SAP-Datenbanken – adressieren zu können, zahlt das Unternehmen horrende Provisionen an Headhunter.
Ziel der Kampagne war es daher, diese Ausgaben durch den Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke zu senken und gleichzeitig Frühfluktuationen zu vermeiden, die ebenfalls mit hohen Rekrutierungskosten zu Buche schlagen. Vor allem letzteres hat gicom durch seine außergewöhnliche Positionierung mit Claims wie #echtIRRE und „einen an der Klatsche haben“ erreicht. gicom ist es gelungen, mit schlankem Budget und großem Eigenanteil eine Employer Brand mit Filterwirkung zu entwickeln.
Der Erfolg: Mittlerweile wird wesentlich häufiger schon vor der Bewerbung oder im Rekrutierungsprozess klar, ob Kandidat:innen zu den anspruchsvollen Aufgaben des Unternehmens passen oder nicht.
Migros Bank
Die Migros Bank gehört zum Migros-Konzern, dem größten Detailhandelsunternehmen in der Schweiz. Sie hat ein Employer-Branding-Projekt aufgesetzt, um ihre Kompetenzen stärker nach außen zu kommunizieren und Fachkräfte zu gewinnen. Die Besonderheit der Arbeitgeberpositionierung der Migros Bank: Anker und Differenziator sind ein und dasselbe: wahre Werte – ergänzt durch die Zukunftsvision: Aufbruch!