Arbeitgeberpositionierung
Definition, Bausteine, Entwicklung und Beispiel
Inhalt dieses Artikels
Was ist eine Arbeitgeberpositionierung?
Die Arbeitgeberpositionierung manifestiert Identität und Werte eines Arbeitgebers, sie gibt ihm ein Gesicht und fasst in wenige Worte, was ihn auszeichnet und besonders macht – authentisch, zukunftsweisend und möglichst differenzierend.
Keine Arbeitgebermarke ohne Arbeitgeberpositionierung. Wer sie nicht definiert, der macht kein Employer Branding, verliert bares Geld und wertvolle Zeit.
Arbeitgeberpositionierung oder EVP?
Die Tücken der Begrifflichkeiten
Gerade die wissenschaftlich geprägte Fachliteratur verwendet häufig den Begriff der Employer Value Proposition (EVP), aber auch viele größere Unternehmen sprechen von der sogenannten EVP, wenn sie Arbeitgeberpositionierung meinen. Der Begriff EVP ist ein Sinnbild für die Unklarheiten, die rund um Employer Branding existieren – sowohl in der Fachwelt als auch bei Dienstleistern und bei den Unternehmen.
Das fängt damit an, dass EVP oftmals auch als Employee Value Proposition bezeichnet wird. Manche sprechen sogar von einer Engagement Value Proposition. Man könnte meinen, dahinter verstecken sich unterschiedliche Konzepte, aber alle meinen das Gleiche: Das besondere Angebot, das ein Arbeitgeber an Mitarbeiter:innen und Bewerber:innen richtet, um sich glaubwürdig zu profilieren und zu unterscheiden.
EVP: Employer, Employee oder Engagement Value Proposition?
Wer sich jetzt fragt, welche Übersetzung für Arbeitgeberpositionierung die richtig ist, dem sei ein Blick ins Markenwesen geraten: Eine »Proposition« beschreibt immer ein Angebot, einen Vorteil oder ein Werteversprechen von jemandem – nicht, wie häufig angenommen, für jemanden. Eine Value Proposition ist also ein Versprechen, das ein Unternehmen, ein Produkt oder ein Arbeitgeber macht. Deshalb sind Sie mit der Übersetzung von EVP als »Employer Value Proposition« noch am besten beraten.
Warum besser Arbeitgeberpositionierung statt EVP?
Das grundlegende Problem am Begriff EVP basiert auf einer ihrer gängigsten Definitionen: Das Corporate Leadership Council hat 2006 in seiner Studie »Unternehmenskritische Nachwuchskräfte gewinnen und Leistungsträger binden« EVP als »Gesamtheit der Merkmale, die der Arbeitsmarkt und die Mitarbeiter als Nutzen betrachten, den die Anstellung in einem Unternehmen mit sich bringt.« definiert. Darunter fassen die Autoren Arbeitgebereigenschaften, meist rationale Benefits, die längst als Hygienefaktoren gelten dürfen – und für die Arbeitgebermarkenbildung keine wirksame Grundlage bilden, wie wir wissen.
›Unterscheidet Euch von anderen, indem Ihr sagt, was alle sagen‹ – so ließe sich die Paradoxie, die den Unternehmen allzu oft in der Literatur und von Beratern empfohlen wird, am besten beschreiben.
Wolf Reiner Kriegler
Gründer/CEO der DEBA
So entwickeln Sie eine Arbeitgeberpositionierung
Diverse Studien und vor allem die Praxis zeigen, dass Arbeitgebermarken nur entstehen, wenn sie sich über emotionale Benefits, über Werte, Ziele, Identität und Kultur des Arbeitgebers positionieren. Eine gute Arbeitgeberpositionierung beantwortet daher diese Leitfragen:
Die drei Bausteine der Arbeitgeberpositionierung
In der Praxis hat sich bewährt, eine Arbeitgeberpositionierung aus drei Bausteinen zu bilden:
- zentrale Positionierungsaussage (Employer-Brand-Positioning-Statement),
- Hauptdifferenziator (Unique Employment Proposition, UEP),
- kulturelle Passungskriterien (Cultural Fit und Future Fit).
Das Qualitätsdreieck der Arbeitgeberpositionierung
Eines der am häufigsten zur Entwicklung einer Arbeitgeberpositionierung verwendeten Tools ist das 2011 von Wolf Reiner Kriegler entwickelte Qualitätsdreieck der Arbeitgeberpositionierung. Es bildet die drei Qualitäten einer guten Arbeitgeberpositionierung ab:
In diesem Qualitätsdreieck entsteht ein emotionales Spannungsfeld, das sowohl Identifikationspunkte für Mitarbeiter und Führungskräfte als auch in den Arbeitsmärkten differenzierende Elemente enthält ‒ und darüber hinaus deutlich macht, wohin der Arbeitgeber in Zukunft steuert.
Darauf kommt es an: die richtigen Arbeitgeberprofilthemen auswählen
Bei der Entwicklung Ihrer Arbeitgeberpositionierung haben Sie nach der Arbeitsmarkt- und Wettbewerberanalyse, der Erhebung der Sollperspektive und der Kulturanalyse mit Ihren Mitarbeiter:innen einen großen Fundus an Themen zusammengetragen. Sie wissen, wofür Sie als Arbeitgeber stehen und wo die Reise hingehen soll. Sie wissen, welche strategischen Leitplanken sich aus den Zielen, Werten und der Marke des Unternehmens ergeben und vielleicht sogar, worüber sich Wettbewerber positionieren oder welche Wertorientierungen Ihre aktuellen und künftigen Zielgruppen haben. Die Kunst ist, alle Einsichten und Erkenntnisse systematisch zu jenen Themen zu reduzieren, zu verdichten und zu kombinieren, die das Potenzial haben, die für Ihr Unternehmen passendste und chancenreichste Arbeitgeberpositionierung zu definieren.
Obwohl Sie bei einigen Themen sicher auf den ersten Blick erkennen, welche die richtigen für Ihre Arbeitgeberpositionierung sind, hat sich in der Praxis das folgende systematische Vorgehen als effektiv, sinnvoll und nachvollziehbar erwiesen:
Do‘s and Don'ts bei der Auswahl der Profilthemen
Die richtigen Profilthemen auszuwählen, ist entscheidend für Ihre Arbeitgeberpositionierung und damit auch für die Entwicklung Ihrer Arbeitgebermarke. Beherzigen Sie daher Folgendes:
- Wählen Sie intuitiv aus, nicht statistisch oder mathematisch.
- Benennen Sie die Themen in der Sprache Ihrer Mitarbeiter:innen, nicht in der „Amtssprache“.
- Konturieren Sie die Themen lieber scharf als breit. Das Potenzial steckt im Detail.
- Wenn Sie weniger als zehn Profilfelder erkennen, schauen Sie hin, ob sich das ein oder andere noch einmal filetieren lässt.
- Scheuen Sie keine heißen Diskussionen. Haben Sie Mut, liebgewonnene Themen loszulassen, selbst wenn Entscheider dafür eine gewisse Verliebtheit an den Tag legen. In dieser Situation sind Besonnenheit, Würdigung der Perspektive anderer und eine schlüssige Argumentation gefragt.
Besonders spannend wird es, wenn dem einen oder der anderen im Lenkungs- oder Feedbackkreis anhand Ihrer Positionierungsrichtung klar wird, dass er oder sie gar nicht zu der Zukunft passt, in die das Unternehmen steuert. Wenn Sie so etwas erleben, haben Sie zwar ein Problem, aber gute Arbeit geleistet: An Ihren Profilthemen scheiden sich die Geister in der Organisation. Das ist wunderbar, denn die besten Arbeitgebermarken haben Prüfsteinqualität nach innen.
Wolf Reiner Kriegler
Gründer/CEO DEBA
Effektivität der Ehrlichkeit: der richtige Umgang mit ambivalenten Themen
Profilthemen müssen nicht uneingeschränkt positiv sein und nicht allen gefallen. Es gibt kulturelle Merkmale, die seitens der Geschäftsführung und/oder der Belegschaft als ambivalent oder negativ gesehen werden. Doch wenn sie die Kultur eines Unternehmens stark prägen, ziehen Sie unbedingt trotzdem in Betracht, sie in der Arbeitgeberpositionierung zu berücksichtigen. Das mag Sie wundern, aber es zahlt in jedem Fall auf Ihre Glaubwürdigkeit ein. Denn dieses Merkmal zu verschweigen, könnte bei neu eingestelltem Personal zu Irritationen und frühen Abgängen führen. Sollten Sie dieses Merkmal nicht aus Ihrer Arbeitskultur verbannen können, wird es Ihr Arbeitgebererlebnis prägen – ob Sie wollen oder nicht.
Sie können ein solches Merkmal offensiv als »Vorwarnung« formulieren. Das erhöht schon nach kurzer Zeit die Bewerberpassung, sorgt mittelfristig für homogenere Teams und weniger Fluktuation und auf lange Sicht für mehr Produktivität und Leistungsbereitschaft – die »Effektivität der Ehrlichkeit«.
Ambivalente Themen geben Ihrer Arbeitgebermarke Ecken und Kanten – sie erzeugen Aufmerksamkeit und zeugen von Mut. Das wird in den Arbeitsmärkten sofort honoriert, denn zwischen den vielen vollmundigen Werbeversprechen der anderen Arbeitgeber werden Sie sich künftig wohltuend authentisch abheben.
Wolf Reiner Kriegler
Gründer/CEO DEBA
Beispiel für die Entwicklung einer Arbeitgeberpositionierung
FUTURA AG
Die FUTURA AG hat neun potenzielle Profilthemen identifiziert, anhand einer Matrix nach ihrer Differenzierungsqualität und zwischen Ist-Situation und Sollperspektive verortet. Aus dieser Sortierung gingen vier Themen hervor, die in die Arbeitgeberpositionierung eingeflossen sind. Diese Profilfelder hat das Projektteam in Spirit-Sätzen auf den Punkt gebracht: