C-Level Insights
Employer Branding Future Fit
Was ist denn nun der Future Fit?
Für Stefan Bloechinger bedeutet Future Fit, sich als Organisation so aufzustellen, dass man in der Lage ist, zukünftige Herausforderungen zu meistern und sich strategische Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Es bedeute gleichzeitig aber auch, genau die Mitarbeiter an sich zu binden oder neue zu rekrutieren, die dabei helfen können, diese Anforderungen erfolgreich zu bewältigen.
Das sieht Ulv Michel ähnlich. Für ihn hat Future Fit aber auch eine ganz enge Verbindung zum Recruiting. »Für unser Unternehmen kann ich sagen, dass wir inzwischen recht genau wissen, welchen Typ Mensch wir hier gerne beschäftigen wollen. Dementsprechend können wir bereits im Bewerbungsgespräch erkennen, ob die oder der Kandidat/in dieser Typ Mensch sein möchte oder nicht. Bei uns ist die strategische Rekrutierung seit Jahren gang und gäbe, aber ob das auch in anderen Unternehmen der Fall ist, kann ich schwerlich beurteilen.
Um unsere Firma als Beispiel zu nennen: Bei uns arbeiten insgesamt etwas mehr als 100 Leute. Ich kenne jeden einzelnen Mitarbeiter persönlich.
Und das, was ich im Arbeitsalltag ausstrahle und lebe, verkörpert die Firma, das ist unser Gesicht.
Idealerweise ticken unsere Mitarbeiter, also vom Management bis zum Azubi, genauso. Je größer aber das Unternehmen wird, desto intransparenter und unpersönlicher wird es natürlich. Das ist zumindest mein Eindruck.«
Marcus Kossendey stimmt zu, dass die strategische Rekrutierung extrem wichtig ist. »Aber ich kenne in der Realität noch viele Unternehmen, besonders Mittelständler, die dieses Thema komplett unterschätzen. Ich halte das persönlich für extrem wichtig, denn man muss heute schon die Weichen für übermorgen stellen. Insofern muss man Leute suchen, die in allererster Linie die Bereitschaft mitbringen, sich auf die Entwicklung 4.0 einzulassen. Wir alle haben derzeit keine riesen Erfahrungen mit dem Thema, weil es neu ist. Deshalb braucht es Menschen, die neugierig und motiviert sind, sich auf dieses Abenteuer und diese Herausforderung einzulassen und die auch bereit sind, sich selbst ganz persönlich darum zu kümmern.
Jeder kennt das Wort Digitalisierung und hat von den anstehenden Veränderungen gehört, aber gerade in meiner Branche, dem Handel, habe ich das Gefühl, dass alle denken, es ziehe jetzt gerade nur ein Gewitter oder ein Sturm vorbei.
Die Wahrnehmung, sich 100 % reinzuknien und sich damit zu beschäftigen, ist noch nicht so richtig durchgedrungen.«
Für das Thema »Digitalisierung« als Kernelement des Future Fits werden Mitarbeiter benötigt, die dieses Thema in den Unternehmen vorantreiben und digital agieren können. Was aber muss sich generell in Haltung und Verhalten von Mitarbeitern ändern, damit Unternehmen fit für das Thema Digitalisierung bzw. Arbeit 4.0 werden?
Marcus Kossendey ist da ganz klar:
Die Rahmenbedingungen haben sich geändert und das ist eine Riesen-Challenge für die Unternehmen, deren Mitarbeiter schon länger dabei sind.
Deswegen müssen sie diese darauf ausrichten, das Thema Digitalisierung ganz oben auf die Prioritätenliste zu setzen. Und das ist nicht immer ganz einfach.«
Stefan Bloechinger findet es wichtig, dass Mitarbeiter die Chancen der digitalen Veränderungen in der Arbeitswelt erkennen, damit deren Motivation und Handeln beeinflusst wird. »Diese Veränderungen müssen von Mitarbeitern angenommen und unterstützt werden.
Die Digitalisierung und ihre Anforderungen repräsentieren ein großes Potenzial, um eingefahrene Prozesse und Strukturen effizienter und zukunftsorientiert zu gestalten.
Seiner Meinung nach sollten Unternehmen ihre Mitarbeiter durch entsprechende prozessuale und strukturelle Rahmenbedingungen dabei unterstützen müssen, die Chancen der digitalen Veränderung zu erkennen. Dabei spielt die IT eine ebenso entscheidende Rolle wie eine klare Kommunikation über die Zielvorstellungen des Unternehmens.
Muss sich dann nicht automatisch die Unternehmenskultur verändern, damit Unternehmen fit für das Thema Digitalisierung werden?
Marcus Kossendey ist sich sicher:
Es ist nicht die Frage, ob – Unternehmenskultur wird sich verändern!
Das wird schon durch die Rahmenbedingungen erzwungen, die uns genau vorgeben, in welche Richtung wir uns zu entwickeln haben. Man ist gezwungen, die Chance für das ganze Thema Digitalisierung zu schaffen. Das kann man nicht aussitzen. Und wenn ich das auf meine Person beziehe – ich bin jetzt 51 – früher hat jemand in diesem Alter bereits den »Sinkflug« eingeleitet: noch 9 Jahre und dann mit 60 in die Pension. Das ist mittlerweile Vergangenheit. Die Entwicklung ist so schnell und so stark, dass man sich auf jeder Altersstufe mit diesem Thema beschäftigen muss, erst recht, wenn man in verantwortlicher Position in einem Unternehmen ist.«
Nach Ansicht von Ulv Michel muss man eine gesunde Mischung innerhalb der Belegschaft herstellen. »Jüngere Menschen zwischen 20 und 30 Jahren haben ein ganz anderes Verhältnis zu digitaler Nutzung im Alltag wie im Beruf als gestandene Mittfünfziger, die ihr Handwerk noch unter klassisch analogen Bedingungen gelernt haben. Der Impuls muss hier ganz klar von den jungen Menschen ausgehen, die mit dieser Technologie aufwachsen und um ein Vielfaches unbeschwerter und lockerer mit digitalen Themen umgehen können als ältere Mitarbeiter. Wichtig ist aber, auch die Vorteile erfahrener Mitarbeiter wertzuschätzen und diese möglichst gewinnbringend miteinander zu verknüpfen und zu ergänzen.
Bewährtes trifft auf Neues – eine solche Kombination kann Gold wert sein!
Aber wie kriegt man die, diese junge Generation, die alle haben wollen?
Employer Branding kann helfen, die Mitarbeiter auf sich aufmerksam zu machen, die man für die Herausforderungen der Digitalisierung braucht.
Das gelingt aber nur, wenn das gesamte Unternehmen dahintersteht. Es muss von oben kommen!«, findet Ulv Michel.
Und Stefan Bloechinger meint:
Es ist die Aufgabe von Führungskräften, die richtigen Voraussetzungen zu schaffen, um die Digitalisierung erfolgreich voranzutreiben.
Dazu gehören Change Management sowie die Motivationsförderung hinsichtlich der notwendigen Veränderungsprozesse, aber auch das Schaffen von Freiräumen, um damit mehr Kreativität und Innovation möglich zu machen.«
Eine Annahme, der sich Marcus Kossendey anschließt: »Die erste Maßnahme ist, dass die oberste Ebene im Unternehmen dieses Thema mit A-Priorität auf die Agenda setzt, d. h. sie muss es als erstes vorleben, steuern und umsetzen. Die Führungskräfte müssen Vorbild sein, transparent und nachvollziehbar in allen Entscheidungen. Man muss sein Kommunikationsverhalten verändern, denn man muss über diese Themen sprechen und diese auch einfordern.«
Dem stimmt Ulv Michel zu:
Der Wandel muss von der Führungskraft selbst ausgehen; sie muss es vorleben, aber auch einfordern.
Gleichzeitig hält er aber entgegen, »dass es auch darum geht, mehr junge Leute für sich zu gewinnen, weil diese viel nativer und offener im Umgang mit den digitalen Medien sind und das Thema intern leichter vorantreiben können.«
Employer Branding kann dabei unterstützen, wird heutzutage aber in meiner Wahrnehmung bisher eher von großen Konzernen als von KMUs eingesetzt
meint Marcus Kossendey.
Die Interviewten
Markus Kossendey
Geschäftsführender Gesellschafter
Minx Fashion GmbH
Stefan Bloechinger
CFO und Senior Vice President
Oettinger Davidoff, Basel/CH
Ulv Michel
Vorstand
Online Marketing Solutions AG